Hugh Wolff: Brahms Symphony 1

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1. Satz: Un pocco sostenuto - Allegro


2. Satz: Andante sostenuto


3. Satz: Un pocco Allegretto e grazioso


4. Satz: Adagio - Più Andante - Allegro non troppo, ma con brio

Sinfonie in c-Moll Nr. 1, op. 68

hr-Sinfonieorchester
Dirigent: Hugh Wolff

Die 1. Sinfonie in c-Moll op. 68 von Johannes Brahms wurde am 4. November 1876 von der Großherzoglich Badischen Hofkapelle Karlsruhe uraufgeführt, dirigiert von Felix Otto Dessoff. Ihre Entstehungszeit erstreckte sich über 14 Jahre, erste Skizzen stammen bereits aus dem Jahr 1862.

Die vergleichsweise lange Entstehungszeit der Sinfonie resultiert aus zwei einander bedingenden Umständen. Zum einen ist dies Brahms akribische, äußerst selbstkritische Arbeitsweise, die ihn viele seiner Frühwerke vernichten ließ, zum anderen die durch Freunde und Öffentlichkeit genährte Erwartungshaltung, Brahms werde als „Erbe Beethovens" dessen symphonisches Schaffen würdig fortsetzen. Und so verwundert es nicht, dass Hans von Bülow dieses Stück als „zehnte Beethoven-Sinfonie" bezeichnete. Angesichts der monumentalen Figur Beethovens und dessen allseits akzeptierter Vormachtstellung bezüglich dieser Gattung sicherlich keine leicht zu befriedigende Erwartung. Zudem war die Gattung Sinfonie dieser Tage heftigen Grundsatzdiskussionen ausgesetzt: Die Vertreter der „Neudeutschen Schule" (allen voran Franz Liszt und Richard Wagner) hatten aufgrund ihrer formalen Enge die Sinfonie totgesagt und die „Sinfonische Dichtung" als einzigen möglichen Ausweg aus der Taufe gehoben.

Den konkreten Plänen zur ersten Sinfonie gingen verschiedene Projekte voraus. Die geplante Instrumentation einer vierhändigen Klaviersonate im Jahre 1854 scheiterte an Brahms Selbstkritik, der Kopfsatz des ersten Klavierkonzerts op. 15 (1856) war ursprünglich als Sinfoniesatz konzipiert und 1858 folgte der Versuch, die bis zu diesem Zeitpunkt noch dreisätzige Oktett-Serenade für großes Orchester aufzuschreiben und zur Sinfonie zu vervollständigen. Letztlich daraus hervorgegangen ist die Serenade Nr. 1 op. 11, jedoch keine Sinfonie.

Diese Projekte stellen nur den gesicherten Teil der Forschung dar, da sie durch Briefe belegt sind. Welche Bemühungen außerdem stattgefunden haben, endlich das Erbe Beethovens anzutreten, ist nicht bekannt.

Das erste Datum, das den angenommenen Beginn der Arbeit an der Sinfonie markiert, 1862, ist bereits ein Datum „auf dem Weg". Albert Dietrich, Komponist, Dirigent und ein Freund des Hauses Schumann, ist der erste, der die Frühfassung des ersten Satzes zu Gesicht bekommt. Im selben Jahr schickt Brahms ein Exemplar an Clara Schumann, die im Juni in einem Brief an Joseph Joachim sowohl Bewunderung für die Arbeit als auch Befremdung über den etwas stark[en] Beginn äußert. (Der gemeinte Beginn ist nicht derjenige der Endfassung -- die langsame Einleitung schrieb Brahms erst später -- sondern das unvermittelt einsetzende, stark chromatische Allegro.) Auf die drängenden Fragen Joachims im September 1862 antwortet Brahms ausweichend und wenig selbstsicher, dem Freund Dietrich teilt er im Januar 1863 lediglich mit, die Sinfonie sei „nicht fertig".

Das wachsende Interesse am Fortschritt der Sinfonie ist in vielen Briefen von Freunden und Brahms Verleger Fritz Simrock bis etwa 1874 dokumentiert. Während dieser ganzen Zeit äußert sich Brahms entweder abwiegelnd oder gar nicht zum offensichtlich unbequemen Thema „Sinfonie". Wann er sich durchringen konnte, tatsächlich an ihr zu arbeiten, ist nicht bekannt. Auch eine Postkarte an Clara Schumann aus dem Jahr 1868, auf der er als musikalischen Gruß ein originales Alphorn-Thema mit Text unterlegt, welches später unverändert in das Finale der Sinfonie Einzug finden soll, ist kein klarer Anhaltspunkt. Jedoch zeigt es, dass die Sinfonie ständiger gedanklicher Begleiter gewesen sein muss, sei es bewusst oder unbewusst.

Als Anstoß, die erste Sinfonie fertigzustellen und zu Gehör zu bringen, mag die in den siebziger Jahren erstmals größere Popularität Brahms'scher Kompositionen zu sehen sein. Er erlangte mit den Werken Ein deutsches Requiem (1868), Schicksalslied (1871) und Triumphlied (1872) zunehmend Aufmerksamkeit. Die Variationen über ein Thema von Joseph Haydn op. 56a (1874) schließlich ließen erkennen, dass Brahms sehr wohl in der Lage wäre, eine Sinfonie zu Wege zu bringen -- die Behandlung des Orchesterapparates war perfektioniert.

Im Sommer 1876 schließlich gelingt in den Ferien auf Rügen der lang erkämpfte Durchbruch: Ende September spielt er Clara Schumann die beiden Außensätze vor (die offensichtlich als erste restlos fertiggestellt waren), die ganze Sinfonie präsentierte er bereits am 10. Oktober, was auf eine nahezu lückenlose Skizzierung des gesamten Werkes während des Sommers schließen lässt.